Handelskonflikte bremsen die globale Konjunkturerholung aus

Die Weltwirtschaft blieb im 1. Halbjahr von der offensiven US-Zollpolitik, geopolitischen Risiken und hohen Unsicherheiten geprägt, die die Weltwirtschaft in naher Zukunft spürbar belasten könnten. Ebenso drücken die nur schwer einschätzbare US-Handels- und Wirtschaftspolitik in Verbindung mit der stark steigenden Staatsverschuldung zunehmend auf den US-Dollar. Das IfW Kiel geht davon aus, dass die Inflation in den USA anziehen wird, während sie sich im Euroraum aber weiter abschwächen wird. Dies könnte wiederum zu einer stärkeren Entkopplung der Geldpolitik führen. Während in den USA der Spielraum der Fed für Lockerungen sehr gering ist, dürfte die EZB ihre Zinsen weiter senken und somit die Konjunktur im Euroraum stimulieren. Die US-Konjunktur soll deutlich an Dynamik einbüßen, in Europa hingegen wird dank der besseren Binnennachfrage eine allmähliche Belebung der Wirtschaft antizipiert. Chinas Wirtschaft jedoch soll trotz der deutlichen wirtschaftspolitischen Impulse aufgrund einer schwachen Exportentwicklung nicht in Schwung kommen. Per saldo zeichnet sich somit im laufenden und im kommenden Jahr eine etwas geringere Expansion der Weltwirtschaft als bisher ab. Im Juli 2025 hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Prognose aktualisiert und dabei unterstellt, dass eine weitere dramatische Eskalation von Handelskonflikten vermieden werden kann. Trotzdem fällt das globale Wachstum 2025 mit voraussichtlich +3,0 % nach +3,3 % im Vorjahr schwach aus (vorherige Prognose: +2,8 %). In den Schwellen- und Entwicklungsländern dürfte das Expansionstempo auf +4,1 % abflachen (2024: +4,3 %), in den Industrieländern auf +1,5 % (2024: +1,8 %).

 

Deutsche Wirtschaft noch verhalten, aber allmählich mit Silberstreif am Horizont

Nach Einschätzung unter anderem seitens der Deutschen Bundesbank verzögert sich die Erholung der deutschen Wirtschaft. Die neuen US-Zölle und hohen Unsicherheiten bezüglich der US-Politik dürften das Wachstum in Deutschland sowohl 2025 als auch 2026 dämpfen. Im Gegenzug ist davon auszugehen, dass die expansive Fiskalpolitik der neuen Bundesregierung erst ab 2026 spürbar positive Effekte auslösen wird. Daraufhin sollten die Maßnahmen die einsetzende Erholung der Wirtschaft als Katalysator verstärken. Neben einem weiteren Rückenwind vom Privatkonsum dürften auch aus den Bruttoanlageinvestitionen, die ihre Talsohle bis dahin allmählich durchschritten haben sollten, positive Impulse abstrahlen. Darauf deuten unter anderem niedrigere Energiekosten und die verbesserte Auftragslage hin. Der Wohnungsbau hingegen sollte sich bereits im weiteren Jahresverlauf 2025 beleben. Bei den Investitionen der Unternehmen, vor allem in Ausrüstungen, zeichnet sich laut Bundesbank erst im Jahresverlauf 2026 eine sichtbare Trendwende ab. In Summe bleibt 2025 ein sehr schwaches Konjunkturjahr. Die Prognosen liegen bisher in einer engen Spanne zwischen Stagnation und maximal +0,3 % Wachstum (Deutsche Bundesbank, IWF, IfW, ifo). Dabei ist die jüngste Zoll-Einigung zwischen den USA und der EU noch nicht berücksichtigt. Trotz der Belastungen für den Export ist davon auszugehen, dass die deutsche Wirtschaft gestützt auf die dann lebhaftere Inlandsnachfrage etwas zuversichtlicher auf die Folgejahre blicken kann.

 

       

Prognosen für das BIP-Wachstum (real)

 

T015

20242

2025e

2026e

+3,3

+3,0

+3,1

+2,8

+1,9

+2,0

+5,0

+4,8

+4,2

+0,9

+1,0

+1,2

-0,5

+0,1

+0,9

1_IWF WEO Update Juli 2025; 2_Zum Teil revidierte Daten; 3_) USDC/BEA für 2024; 4_National Bureau of Statistics (NBS) für 2024; 5_Eurostat / EZB für 2024; 6_Destatis für 2024

 

Maschinenbau trotz vieler Unsicherheiten erstmals mit wieder besseren Auftragseingängen

Strukturelle Wachstumstreiber für Investitionen in die industrielle Fertigung sind die klimagerechte Transformation aller Wirtschaftssektoren hin zu Nullemissionen sowie das Themenfeld der KI-gestützten Digitalisierung und Automatisierung von Herstellungsprozessen und Lieferketten. Außerdem fordert der wachsende Protektionismus durch die US-Zollpolitik neue Konzepte für die industrielle Produktionsstruktur. Die bisherigen Wertschöpfungsketten, die massiv gestört werden, müssen neu gedacht und ausgerichtet werden. Allerdings werden diese Faktoren erst mittel- bis langfristig entsprechende Investitionen nach sich ziehen. Kurzfristig wirkt die schwankende und schwer kalkulierbare Handelspolitik der USA wegen der geringen Belastbarkeit und hohen Unsicherheiten kontraproduktiv auf die Investitionsbereitschaft. Planungen und Projekte stehen vielfach auf dem Prüfstand. Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau verzeichnete nach einer langen Durststrecke zuletzt aber höhere Bestelleingänge (Mai: +9 %, fünf Monate kumuliert: +3 %). Dabei kamen die Impulse besonders stark aus dem Euroraum. Die leicht positiven Konjunkturperspektiven in Europa und die gesunkenen Zinsen dürften sich ausgewirkt haben. Trotz dieses Lichtblicks rechnet der VDMA für 2025 unverändert mit einem weiteren Rückgang der Maschinenproduktion in Deutschland von real 2 % im Kontrast zu einer weltweit leicht positiven Entwicklung.

       

Weltweite Entwicklung der Industrieproduktion / Entwicklung Maschinenbau Deutschland

T016

20241

Q1 2025

Q2 2025

     

+1,7

+3,0

5M: +3,1

-0,3

+4,3

+1,1

+5,8

+6,5

6M: +6,4

-3,0

+1,5

Apr.: +0,2

Mai: +3,7

     

-5,4

-3,8

H1e: -2,8

-7,7

-4,0

Apr.: -4,1

Mai: -1,3

-8,0

+4,0

5M: 3,0

1_Zum Teil revidierte Daten; 2_CPB Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis; 3_Fed; 4_National Bureau of Statistics (NBS); 5_Eurostat / EZB; 6_ifo (Prognose: Juni 2025);
7_Deutsche Bundesbank/Destatis (arbeitstäglich bereinigt); 8_VDMA.

 

Heterogene Automobilkonjunktur: noch kein Lichtblick für Personenfahrzeuge, aber Nutzfahrzeuge vor Erholung

Aufgrund der Unstetigkeit der USA in ihrer Zollpolitik bleiben die Herausforderungen für die globale Automobilindustrie sehr groß. Schärfere Gegenmaßnahmen Chinas, Europas und anderer Handelspartner können nicht ausgeschlossen werden. So würde unter anderem eine durch China beschränkte Verfügbarkeit seltener Erden die Hersteller von E-Autos außerhalb Chinas schwer treffen. In jedem Fall zeichnen sich allein durch die angekündigten Zölle hohe Belastungen für den Weltmarkt ab. Zurzeit geht S&P Global Mobility (S&P GM) davon aus, dass die Nachfrage nach Light Vehicles (LV) im laufenden Jahr (+1,2 %) und 2026 (+0,6 %) leicht wächst, jedoch zu wenig, um die Hersteller stärker ins Risiko gehen zu lassen. Insofern dürfte die Produktion in beiden Jahren auf einem Niveau von gut 89 Mio. LV stagnieren. Speziell für 2025 rechnet S&P GM damit, dass das Wachstum in China (+3,3 %) und anderen Ländern Asiens durch Einbußen in Europa (-3,0 %) und vor allem in Nordamerika (-5,4 %) aufgezehrt werden wird. Mit Blick auf die Antriebsarten sollen sich Elektrofahrzeuge weiter durchsetzen. Batterieelektrische LV (BEV + PHEV) sollen laut S&P GM im Jahr 2025 auf einen Anteil von 23,4 % und 2026 auf 28,6 % der Gesamtproduktion kommen (2024: 18,9 %). Zudem gewinnen milde Hybride an Bedeutung. Der Weltmarkt für Nutzfahrzeuge (NFZ) soll sich nach der neuen Prognose von S&P GM belastet durch die US-Politik 2025 rückläufig entwickeln. Demnach schrumpft die Produktion mittlerer und schwerer NFZ 2025 um 1,2 %. Allerdings wurden die Einbußen bereits im 1. Halbjahr 2025 verbucht. Im weiteren Jahresverlauf soll die Fertigung gesteigert werden, und für 2026 wird mit einer kraftvollen Erholung gerechnet.

       

Automobilindustrie: globale Produktions- und Absatzentwicklung

T017

20241

2025e

2026e

-1,1

-0,3

+0,4

+8,5

+23,5

+23,9

+42,1

+18,5

+21,9

-5,0

-1,2

+8,9

1_Revidierte Daten laut S&P Global Mobility;
2_Quelle: S&P Global Mobility.

 

Bauindustrie schwenkt in Europa mit zunächst zaghafter Trendwende auf Erholungskurs ein

Trotz staatlicher Impulse zeichnet sich keine Trendwende in Chinas Baukonjunktur ab. Zwar bleiben die Investitionen in den Bereichen Industrie und Infrastruktur hoch, die Halbjahresdaten des Statistikamts NBS signalisieren jedoch einen ungebremsten Abschwung im Hochbau. So wird erwartet, dass das reale Volumen aller zurzeit im Bau befindlichen Gebäudeinvestitionen schrumpft (-9,1 %). Neubaubeginne sollen im Wohnungsbau sowie bei Büros und Gewerbebauten weiter massiv einbrechen (-20,0 %). Zudem lässt sich angesichts geringerer Finanzierungsmittel (-6,2 %) keine Stabilisierung erkennen. In anderen Ländern Asiens, wie Indien, befindet sich der Bausektor hingegen im Aufschwung. Für die Bauwirtschaft in Europas Kernmärkten zeichnet sich infolge gesunkener Zinsen und stimuliert durch Wachstumsinitiativen eine Trendwende ab. Die Experten des Branchennetzwerks Euroconstruct (u. a. ifo) gehen allerdings davon aus, dass die Erholung durch die politischen Risiken (Ukrainekrieg, US-Handelskonflikt) abgebremst wird. Für 2025 wird nur ein zaghaftes Wachstum von 0,3 % erwartet (West: +0,1; Ost: +2,8 %), wobei sich der Aufschwung in den zwei Folgejahren mit höherer Dynamik und in weiteren Ländern verstetigen soll. Frankreich, Italien und Deutschland werden als Nachzügler gesehen. So rechnet der Verband HDB damit, dass der reale Umsatz im deutschen Baugewerbe 2025 um 1,0 % sinkt, im Wohnungsbau trotz einer moderaten Erholung bei den Aufträgen sogar um 4,0 %.

       

Bauindustrie: Entwicklung der europäischen Bauproduktion

T018

20241

2025e

2026e

-2,0

+0,1

+1,8

-3,6

+2,8

+4,8

-2,1

+0,3

+2,0

1_Revidierte Werte;
2_ifo/Euroconstruct (Juni 2025).

 

Rückkehr der US-Bauindustrie auf stabileren Wachstumspfad erst ab 2026 erwartet

Der Ausblick für die US-Bauwirtschaft 2025 fällt sehr verhalten aus. Einerseits werden diverse langfristige Staatsprojekte unter der neuen US-Budgetpolitik gedämpft. Andererseits schränkt die aktuell knappe Kreditvergabe die privaten Aktivitäten ein. Daher rechnen die Branchenexperten von FMI für die USA 2025 nur mit einem leichten Wachstum von 1 %. Der Bau von Mehrfamilienhäusern soll demnach um 9 % einbrechen. Diesen Rückgang können der nur leicht steigende Neubau von Einfamilienhäusern sowie die Ausgaben für Umbau, Ersatz und Erweiterungen von Wohnungen (jeweils +1 %) nicht kompensieren. Über das Jahr 2025 hinaus herrscht allgemeiner Optimismus hinsichtlich einer Erholung der US-Wirtschaft und einer Rückkehr der US-Bauindustrie zu stabileren Wachstumsraten bis zum Jahr 2026. Damit zusammenhängend prognostiziert der Harvard JCHS LIRA-Index für das Jahr 2026 ein anhaltendes Wachstum in Höhe von 2 %. Diese Schätzung bezieht sich vor allem auf den Bereich Renovierungs- und Umbauaktivitäten. Das FMI erwartet für 2026 zunächst eine Stabilisierung des Gewerbebaus. Mit Blick auf die künftige Entwicklung ist zu erwarten, dass Verbraucher in den USA aufgrund eines attraktiveren Hypothekenzinsniveaus Investitionsentscheidungen zugunsten neuer Bauten sowie für Umbauprojekte treffen werden. Diese Prognosen deuten insgesamt auf einen stabileren Markt ab dem Jahr 2026 hin. Dabei wird die Rückkehr zu niedrigen einstelligen Wachstumsraten antizipiert.

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