US-Zollpolitik überschattet Weltwirtschaft – nur gedämpfte Dynamik

Im 1. Halbjahr 2025 stand die globale Konjunktur unter dem Einfluss der restriktiven und unvorhersehbaren US-Handelspolitik sowie unter der zwischenzeitlichen Eskalation der Krise im Nahen Osten. Die Geldpolitik zeigte sich in diesem Umfeld uneinheitlich. So hat die US-Notenbank ihre Zinsen stabil gehalten, die EZB setzte hingegen die Lockerung im Euroraum fort. Nachdem die US-Wirtschaft im Vorgriff auf die hohen Zölle zunächst Rückenwind erlebte, flachte die Entwicklung dort bereits im 2. Quartal 2025 spürbar ab. Bei leicht geringerer Kapazitätsauslastung stieg die Industrieproduktion nur noch moderat (Q1 2025: +4,3 %; Q2 2025: +1,1 %). Trotzdem wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 2. Quartal 2025 auf das Gesamtjahr hochgerechnet mit 3,0 % (Q1 2025: -0,5 %), wobei dies einer üblichen Jahresrate von +2,0 % entspricht (Q1: +2,0 %). Die Regierung und Notenbank in China haben Impulse im Inland gesetzt, um den Druck auf die Exporte abzufedern. So konnte die Industrie ihre Produktion bis Ende Juni 2025 um 6,4 % steigern. Auch die Kapazitätsauslastung verbesserte sich leicht (Q1 2025: 74,1 %, +0,5 Prozentpunkte). In Summe ist Chinas Wirtschaft im 1. Halbjahr 2025 um 5,3 % gewachsen (Q1 2025: +5,4 %; Q2 2025: +5,2 %). Europa hat sich trotz des handelspolitischen Gegenwinds bei abflachender Inflation und sinkenden Zinsen leicht belebt. Neben einem höheren Privatkonsum stabilisierte sich im Euroraum auch die Baukonjunktur. Ebenso zog die Industrieproduktion an (Q1 2025: +1,5 %; April: +0,2 %; Mai +3,7 %). Allerdings waren die Kapazitäten nochmals niedriger ausgelastet (Q2 2025: 77,8 %; -1,0 Prozentpunkte). In Summe war das BIP-Wachstum des Euroraums im 2. Quartal 2025 mit +1,4 % nur leicht positiv (Q1 2025: +1,5 %).

 

Deutsche Wirtschaft blieb bei schwacher Industriekonjunktur in der Talsohle

Im 1. Halbjahr 2025 fiel die Konjunkturdynamik in Deutschland noch verhalten aus. Zwar hatten Vorzieheffekte im Zuge des drohenden US-Handelskonflikts vor allem im März zu einem temporären Produktionsschub und lebhaften Exporten – vor allem von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen – in die USA geführt. Jedoch blieb die gesamtwirtschaftliche Tendenz in Deutschland trotz der belebten privaten Konsumausgaben im Vorjahresvergleich schwach. So setzte sich der nun schon seit über zwei Jahren andauernde Rückgang der Investitionen zunächst fort – sowohl bei Ausrüstungen als auch im Bereich Bau. Die Industrieproduktion zog im Frühjahr zwar leicht an (Q1 2025: -2,3 %; April: -2,5 %; Mai: +1,4 %), die Kapazitätsauslastung der Industrie hingegen verschlechterte sich binnen eines Jahres nochmals deutlich (Q2 2025: 77,7 %; -2,9 Prozentpunkte). Auch im 2. Quartal 2025 ist das BIP nicht gewachsen (Q2 2025: +0,0 %, Q1 2025: revidiert +0,0 %), wobei die Wirtschaftsleistung bereinigt um Saison- und Kalendereffekte geringfügig zulegen konnte (Q2 2025: +0,4 %, Q1 2025: +0,3 %). Trotz dieses geringen rechnerischen Impulses hielt die Schwächephase der deutschen Wirtschaft somit im 1. Halbjahr an.

 

 

Investitionszurückhaltung hat Maschinenbau weiterhin gelähmt

Im bisherigen Jahresverlauf hat die globale Industriekonjunktur Tritt gefasst, jedoch nicht gleichmäßig. Wesentliche Einflussfaktoren waren dabei regional unterschiedliche Konjunkturdynamiken sowie die disruptive US-Handelspolitik. Zudem hat sich das Wettbewerbsumfeld mittlerweile spürbar verschoben. Die asiatische Industrie gewann beispielsweise durch Subventionen und Technologiesprünge an Stärke. Dagegen war die Wettbewerbsfähigkeit in Europa – dort vor allem in Deutschland – durch strukturelle Schwächen, hohe Energiekosten und die Aufwertung des Euros belastet. Weltweit ist die Industrieproduktion (ohne Bau) in den ersten fünf Monaten um 3,1 % gewachsen (Gesamtjahr 2024: +1,7 %). Allerdings ist die tatsächliche Dynamik überzeichnet, zumal die US-Zollankündigungen deutliche Vorzieheffekte ausgelöst hatten. So zog die Industrieproduktion in den Schwellenländern bis Ende Mai 2025 um 4,5 % an, in den Industrieländern hingegen nur um 1,5 %. Die Investitionsneigung der Unternehmen blieb infolge niedriger Kapazitätsauslastung und hoher Risiken gedämpft. In diesem Umfeld geriet die Fertigung von Maschinen in den USA nach einem Schub zu Jahresbeginn abrupt ins Stocken (Q1 2025: +6,6 %; Q2 2025: +0,1 %). So ist die Investitionsgüterherstellung im Euroraum im 1. Quartal 2025 um 1,3 % geschrumpft, wobei der Monat März erstmals leicht im Plus lag. Im deutschen Maschinenbau entwickelte sich die Produktion trotz einer sehr niedrigen Vorjahresbasis weiterhin schwach (Q1 2025: -4,0 %; April: -4,1 %; Mai -1,3 %). 

 

Automobilmärkte im Strudel des verschärften Handelskonflikts

Der Weltautomobilmarkt bewegt sich vor allem angesichts der Unstetigkeit in Bezug auf die Ankündigung, Einführung und teilweise Rücknahme von hohen Sonderzöllen durch die USA auf Stahl, Aluminium, Fahrzeuge und Fahrzeugteile auf einem sehr unruhigen Kurs. Um neue Zölle antizipieren zu können, erhöhten die Hersteller – soweit kurzfristig möglich – ihre Produktions- und vor allem Liefermengen für den US-amerikanischen Markt. Mit Ausnahme von Europa hat sich die Nachfrage weiter erholt. So stieg der weltweite Absatz von Light Vehicles (LV) laut S&P Global Mobility (S&P GM) bis Ende Mai 2025 um 4,8 %. Auch die Produktion wurde hochgefahren, legte aber mit nur +2,5 % bis Ende Mai langsamer zu als die Nachfrage, sodass die Dynamik tendenziell abflachte (Q1 2025: +2,6 %, Q2 2025e: +1,7 %). Während die Produktion in China (5M 2025: +13,1 %) sowie in Japan/Südkorea (5M 2025: +3,6 %) wuchs, waren die Hersteller in Nordamerika (5M 2025: -5,4 %) und Europa (5M: -4,6 %) unter Druck. In diesem insgesamt anspruchsvollen Marktumfeld setzen sich batterieelektrische Fahrzeuge (BEV + PHEV) weiter durch, obwohl China Beschränkungen zum Export von seltenen Erden implementiert hatte. Die Daten des Verbands ACEA zeigen, dass der Absatzanteil batterieelektrischer Fahrzeuge in Europa innerhalb eines Jahres von rund 20 % auf mehr als ein Viertel gestiegen ist (6M 2025: 26,1 %). Zudem erreichten Hybrid-Pkw (inklusive milder Hybride) einen Marktanteil von gut einem Drittel (6M 2025: 35,0 %) und damit bereits in etwa so viel wie reine Verbrenner (Benzin + Diesel, 6M 2025: 36,1 %). Der Nutzfahrzeugmarkt, dem durch die nur schwache Dynamik der Weltwirtschaft und geringe Investitionstätigkeit der Unternehmen ohnehin der Rückenwind fehlte, geriet durch den Zollkonflikt weiter unter Druck. Auf Basis der Daten von S&P GM wurde die Produktion deshalb im 1. Halbjahr 2025 deutlich gekürzt, voraussichtlich um rund 6 % (Q1 2025: -5,8 %; Q2 2025e: -6,5 %).

 

Baukonjunktur weltweit sehr heterogen – Europas Bausektor löst sich aus dem Abwärtssog

In Asiens Schwellenländern ist die Bauwirtschaft gestützt auf Trends wie Bevölkerungswachstum und Urbanisierung eine der Hauptsäulen der Konjunktur. Trotzdem können unter anderem durch Strukturdefizite temporär Belastungen auftreten. So befindet sich der chinesische Immobilienmarkt seit mehreren Jahren in einer tiefen Krise. Laut Statistikamt NBS ist der Wohnungsbau bis Ende Juni 2025 um 10,4 % geschrumpft. Bürogebäude lagen um 16,8 % im Minus, Gewerbebauten nahmen um 8,4 % ab. Demgegenüber investiert China in hohem Maße in industrielle Produktionsstätten und die Infrastruktur. Zu Letzterem gehören unter anderem die Bereiche Transport, Energie und Wasser.

In Europa hellte sich das Bild sukzessive auf. Nach einer mehrjährigen Schwächephase hat der Bausektor im Einklang mit der moderaten Erholung der Gesamtwirtschaft und den niedrigen Zinsen Tritt gefasst (Q1 2025: -0,5 %; April: +4,7 %; Mai: +2,9 %). Dabei legte die Bauproduktion in Teilen Osteuropas und in Skandinavien zu. Positiv war die Entwicklung auch in Österreich sowie in Spanien und Portugal. Dagegen blieben Frankreich und die Niederlande unter Druck. In der deutschen Bauindustrie war die Produktion noch im Minus, aber es wurden erste Signale einer Stabilisierung sichtbar. So zog der reale Auftragseingang auf niedrigem Niveau leicht an.

 

Höhere Preise und Zinsen sowie Zollunsicherheiten und Witterungseffekte setzen US-Baukonjunktur unter Druck

In den USA hat sich die zuvor dynamische Baukonjunktur in der ersten Hälfte des Jahres 2025 spürbar eingetrübt. Das von vielen Experten erwartete Wachstum trat nicht ein. Gestiegene Zinssätze und höhere Konsumgüterpreise gepaart mit anhaltender Zollunsicherheit brachten die Aktivitäten ins Stocken. Davon beeinträchtigt waren sowohl die Renovierung bestehender Häuser als auch der Neubau von Wohn- und Geschäftsgebäuden. Laut dem US-Statistikamt (Census Bureau) sanken die gesamten Bauausgaben im 1. Halbjahr 2025 um 2,2 %, wobei der private Bau um 3,9 % schrumpfte. Dabei brachen der Mehrfamilienhaus- (-12,7 %) und der Gewerbebau (-14,6 %) ein. Zudem ging der Neubau von Einfamilienhäusern (-2,6 %) zurück. Diese Rückgänge werden teilweise durch einen stabileren Reparatur- und Renovierungsmarkt ausgeglichen. So meldet der Harvard JCHS LIRA Index ein Wachstum von 2 % in den ersten sechs Monaten 2025. Gebremst wurde das Wachstum im US-Markt insbesondere durch extremere Witterungsbedingungen im 1. Quartal 2025, die vor allem den Südosten und den mittleren Atlantik betrafen und dort sowohl die Renovierungs- als auch die Neubauarbeiten einschränkten. Auch im 2. Quartal 2025 hatte in bestimmten Regionen für die Jahreszeit untypisch schlechtes Wetter Auswirkungen auf die Bauaktivitäten in den USA.

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