Die Beschaffungskosten von Materialien, Gütern und Dienstleistungen haben wesentliche Auswirkungen auf die Ertragslage der NORMA Group. Durch das effiziente Management aller Beschaffungsaktivitäten und die geeignete Auswahl der Lieferanten leistet der Einkauf einen erheblichen Beitrag zum Erfolg des Konzerns. Die zentrale Aufgabe besteht dabei in der Optimierung von bezogenen Leistungen und der Minimierung von Kosten unter Einbezug konzernweiter Skaleneffekte.

Globale Einkaufsorganisation

Bei den Einkaufsaktivitäten der NORMA Group wird in Anlehnung an die strategischen Produktkategorien zwischen vier übergeordneten Warengruppen unterschieden:

  • Stahl- und Metallkomponenten (Fasten)
  • Technische Granulate, Kunststoff- und Gummiprodukte (Fluid)
  • Standardkunststoffe, Komponenten und Handelsware (Water)
  • Investitionsgüter, Nicht-Produktionsmaterialien und Dienstleistungen (indirekte Güter und Dienstleistungen)

Neben dieser zentralen Struktur besteht eine Unterteilung in die Regionen EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika), APAC (Ostasien, Südostasien, Australien und Ozeanien) und Amerika. Diese Organisation ermöglicht eine zentrale Steuerung durch die jeweiligen Experten der Warengruppen und die Integration der Kenntnisse von regionalen bzw. lokalen Einkaufsteams über spezielle Marktgegebenheiten vor Ort. Auf diese Weise stellt die NORMA Group ein professionelles Einkaufsmanagement und die Erzielung von wettbewerbsfähigen Preisen für Güter und Dienstleistungen sicher. Digitale Procurement-Systeme unterstützen die globale Organisation in ihren strategischen sowie operativen Tätigkeiten und ermöglichen somit ein effizientes Berichtswesen.

 

Entwicklung der Materialpreise

Im Geschäftsjahr 2022 entstand ein Materialaufwand in Höhe von EUR 597,0 Mio. (2021: EUR 500,0 Mio.), was einem Anteil von 48,0 % (2021: 45,8 %) der Umsatzerlöse entspricht. Damit lag die Materialeinsatzquote erneut höher als im Vorjahr  ERTRAGSLAGE. Das zur internen Steuerung verwendete und um Währungseffekte bereinigte Einkaufsvolumen belief sich auf EUR 538,9 Mio. (2021: EUR 481,5 Mio.). Davon entfielen EUR 417,8 Mio. und damit 78 % auf den Produktionsmaterialumsatz.

 

Stahl- und Metallkomponenten

Im Rahmen des Einkaufs- und Lieferantenmanagements hatten insbesondere im 1. Halbjahr 2022 die Sicherstellung der Versorgung der weltweiten Produktionsstandorte sowie die Abwehr von in diesem Ausmaß bisher nicht erlebten Preiserhöhungsforderungen oberste Priorität. Geopolitische Krisen – hervorzuheben insbesondere der Krieg in der Ukraine – setzten bestehende Lieferketten teilweise außer Kraft. Die damit einhergehende Materialknappheit in einigen Warengruppen (zum Beispiel Draht) sowie die in der Folge massiv angestiegenen Energiekosten führten zu starken Preisanstiegen. Diese konnten in vielen Fällen nur durch intensive Verhandlungen abgemildert werden. Trotz bestehender Multisourcing-Strategien (Einkauf bei mehreren Anbietern) mussten unterjährig Preissteigerungen in erheblichem Umfang hingenommen werden, vor allem wenn Lieferverträge ausliefen. Um die Mitarbeitenden im Vertrieb optimal auf Kundenverhandlungen vorzubereiten und sie über die bestehenden Beschaffungs- und Preisrisiken bestmöglich zu informieren, fanden unterjährig diverse Informationsveranstaltungen und Schulungen statt.

In dem für die NORMA Group wichtigsten Warengruppenbereich Edelstahl war die Nachfrage nach Edelstahlspaltbändern in den Regionen EMEA und Amerika zum Jahreswechsel 2021/2022 und während des 1. Quartals 2022 wesentlich höher als das zur Verfügung stehende Angebot. Auch die enorm angestiegenen Spotmarktpreise führten zu einem massiven Anstieg der Kontraktpreise für das Kalenderjahr 2022 (Grundbezugspreis für Edelstahl ohne Legierungszuschläge). Besonders die von der NORMA Group in Europa eingesetzten blankgeglühten Produkte waren aufgrund der hohen Nachfrage von anderen Industrien (zum Beispiel weiße Ware) nahezu ausverkauft. Nur durch intensive Gespräche und basierend auf der jahrelangen partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten konnten die benötigten Mengen gesichert werden. Einhergehend mit der Eintrübung der Konjunktur im 2. Halbjahr 2022 verbesserte sich die Materialverfügbarkeit und ein Preisrückgang auf den Spotmärkten setzte ein.

In der Region Amerika liefen im 4. Quartal 2021 wichtige Lieferverträge aus, und in den Verhandlungen für das Jahr 2022 mussten signifikante Preissteigerungen akzeptiert werden. Für die von der NORMA Group eingesetzten Spezialgüter wurden unterjährig weitere Preiserhöhungen von den lokalen Lieferwerken aufgerufen, sodass zum 2. Halbjahr 2022 teilweise noch höhere Materialpreise hingenommen werden mussten. Zudem vergaben die Produzenten strikte Lieferkontingente für Spezialprodukte. Eine leichte Verbesserung der Materialverfügbarkeit bei unverändertem Preisniveau war in Amerika erst im 4. Quartal zu erkennen.

Dementgegen war der Bezugsmarkt im Raum Asien-Pazifik, und dort vor allem in China, von einer wesentlich besseren Materialverfügbarkeit geprägt. Aber auch hier mussten zunächst steigende Bezugspreise für Edelstahl akzeptiert werden. Dies beruht auf dem Umstand, dass die Legierungszuschläge hier in den Preisvereinbarungen inkludiert sind und nicht im Anhängeverfahren extra berechnet werden. Da die Hauptbestandteile und Kostentreiber Nickel (Jahrespreishoch zum Ende des 1. Quartals 2022) sowie Ferrochrom extrem hochpreisig gehandelt wurden, stiegen die Einstandskosten im 1. Halbjahr 2022 zunächst an, um sich dann in der Folge auf hohem Niveau einzupendeln.

Die Preise der monatlich neu fixierten Legierungszuschläge (Preisbestandteile sind unter anderem Nickel-, Schrott- und Ferrochrompreise) stiegen im Geschäftsjahresverlauf rasch – wie am Beispiel des Werkstoffs 1.4301 verdeutlicht – auf bisher nicht gekannte Werte von über EUR 3.800 pro Tonne an. Ab September 2022 gaben die Preise wieder leicht nach. Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass die Legierungszuschläge im Jahr 2022 signifikant über den Werten des Vorjahres notierten.

 

Bei den eingesetzten Metallkomponenten gelang es der NORMA Group nur in wenigen Fällen, die Bezugspreise für das Geschäftsjahr 2022 stabil zu halten. Im Falle von auslaufenden Kontrakten mussten trotz intensiver Verhandlungen oftmals zweistellige prozentuale Preiserhöhungen in EMEA und den USA akzeptiert werden, um das Risiko eines Lieferstopps zu minimieren. Erfolgreicher waren dagegen die Preisverhandlungen insbesondere in China: Dort konnten zu Jahresbeginn in vielen Warengruppen leichte Preisreduzierungen erzielt werden.

In der Warengruppe der oberflächenveredelten Nicht-Edelstahle sowie bei kalt gewalzten Bändern stiegen die Einstandskosten in den ersten neun Monaten ebenso an. Die hohen Energiekosten sowie die eingeschränkte Verfügbarkeit durch die Ukraine-Krise (insbesondere bei Langprodukten/Drähten) unterstützten die Preispolitik der Produzenten. Bei Standardmaterialien konnten im 4. Quartal die Preise stabil gehalten oder gar leichte Preisreduzierungen erreicht werden, einhergehend mit einem Rückgang der Preise auf den Spotmärkten.  Auf Jahressicht stiegen die Beschaffungspreise gegenüber dem Vorjahr jedoch deutlich. 

 

Technische Granulate, Kunststoff- und Gummiprodukte

In der Warengruppe der technischen Granulate, Kunststoff- und Gummiprodukte war das Geschäftsjahr 2022 von großer Volatilität, Unsicherheit und Mengenverknappung geprägt. Bereits im 3. Quartal des Jahres 2021 zeichnete sich eine Verknappung wichtiger Vorrohstoffe, wie zum Beispiel bei Glasfaser für die Kunststoffgranulate, deutlich ab. Dies, gepaart mit sprunghaft gestiegenen Frachtkosten aufgrund der knappen Transportkapazitäten, sorgte für einen signifikanten Preisanstieg für Granulate sowie Kunststoffkomponenten im 1. Quartal 2022.

Der zusätzlich durch den Ukraine-Konflikt ausgelöste sehr starke Anstieg der Energie- und Gaspreise bei weiterhin hoher Nachfrage sorgte ab dem 2. Quartal 2022 für einen weiteren Preisauftrieb für die technischen Granulate, der sich bis zum 4. Quartal 2022 fortsetzte. Die Warengruppe der Gummiprodukte wurde durch die Ukraine-Krise ebenfalls negativ beeinflusst. So führte der Konflikt zu einer massiven Mengenverknappung und einem damit einhergehenden hohen Preisdruck, da wichtige Vorrohstoffe für Gummi größtenteils in den beiden am Konflikt beteiligten Ländern produziert werden. Als Folge daraus gaben mehrere große Lieferanten für Vorrohstoffe, Granulate und Komponenten Force-majeure-Deklarierungen ab. Trotz dieser Umstände konnte die NORMA Group durch ein gezieltes Lieferantenmanagement eine ausreichende Mengenversorgung sicherstellen, wenngleich zu stark erhöhten Einstandskosten.

Die verbesserte Situation der Transportkapazitäten ab dem 3. Quartal 2022 sorgte nur für eine leichte Entspannung auf der Kostenseite. Diese wurde im 3. und 4. Quartal durch die hohen Energiekosten insbesondere in der Region EMEA überkompensiert, da insbesondere europäische Hersteller von technischen Kunststoffen signifikante Energiezuschläge forderten. Dies hatte auch einen negativen Einfluss auf die anderen Regionen. Da für die Dauer des Ukraine-Konflikts, insbesondere in den Wintermonaten, mit einem sehr hohen Energiepreisniveau zu rechnen ist, ist davon auszugehen, dass sich die Lage erst im 2. oder 3. Quartal 2023 bessern wird. PROGNOSEBERICHT

 

Standardkunststoffe, Komponenten und Handelsware

Obwohl ursprünglich mit einer Stabilisierung der Wirtschaft ab dem 1. Quartal 2022 gerechnet wurde, führte der unerwartete russische Angriff auf die Ukraine zu Unterbrechungen der Liefer- und Logistikketten und allgegenwärtiger Unsicherheit. So blieben die Rohstoffpreise im ersten Halbjahr auf einem höheren Niveau, als von den großen Marktforschungsinstituten für 2022 prognostiziert worden war. Ausschlaggebend dafür waren ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage in Kombination mit Preisspitzen bei den Rohstoffen. Mit der Abschwächung der Weltwirtschaft Ende des 2. Quartals 2022 gaben schließlich auch die Rohstoffpreise nach. Dieser Trend begann in Asien und breitete sich auf allen anderen Kontinenten aus. Trotz der relativ hohen Erdgas- und Rohölpreise, die die Kunststoffpreise beeinflussen, begannen die Raten für wichtige Handelswaren in der Mitte des 3. Quartals 2022 zu sinken.

Die rückläufige weltweite Nachfrage führte zu einem enormen Aufbau von Lagerbeständen. Dadurch waren viele Hersteller gezwungen, ihre Produktion zu drosseln. Erleichternd wirkte ebenfalls eine im Vergleich zu 2021 wieder moderatere Preisgestaltung bei der Seefracht. 2021 waren die Seefrachtkosten aufgrund zahlreicher Sondereinflüsse (Taifun in China, Blockade des Sueskanals, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie) massiv angestiegen.

In der zweiten Jahreshälfte 2022 konnte die NORMA Group Einkaufspreise für Kunstharze verhandeln, die sich in fast allen Fällen wieder auf dem Niveau vor der Pandemie bewegten. Allein die Inlandspreise für PVC in den USA lagen zum Ende des Berichtsjahres weiterhin um 30 bis 40 % über dem Niveau von vor 2020. Dies ist vor allem auf die hohen Materialkosten für die bei der Herstellung von Spezial-PVC verwendeten Inhaltsstoffe zurückzuführen, aber auch auf die höhere Marktmacht einzelner Hersteller im stark konsolidierten US-Markt.

Es wird erwartet, dass sich der Markt für Standardkunststoffe, Komponenten und Handelsware 2023 stabilisieren wird, insbesondere angesichts der sich abschwächenden Wirtschaftslage, die für das laufende Jahr prognostiziert wird. Dies setzt jedoch voraus, dass es zu keinen weiteren größeren Störungen der Weltwirtschaft kommen wird.

 

Hohe Energie- und Frachtkosten im Jahr 2022

Steigende Energiekosten waren das bestimmende Thema im Geschäftsjahr 2022. Insbesondere in Europa kam es aufgrund von geopolitischen Spannungen, Sanktionen gegen Russland und einer entsprechenden Verknappung des Angebots zu deutlich gestiegenen Energiepreisen im Vergleich zum Vorjahr. Über Ersatzbeschaffungen konnte der Bedarf an Energie gedeckt werden, jedoch zu einem im Vergleich zum Vorjahr deutlich höheren Preis. 

Die globalen Lieferketten stellten auch im Geschäftsjahr 2022 eine Herausforderung sowohl für die Industrie als auch für die Transportgesellschaften dar. Im Bereich der Seefrachten blieb die Lage auch im ersten Halbjahr 2022 weiterhin angespannt. Die hohe Nachfrage nach Transportkapazität setzte sich aus dem Jahr 2021 fort und führte zu deutlichen Preissteigerungen auf transpazifischen und transatlantischen Routen. Der Preisanstieg für Schiffsdiesel war neben den Kapazitätsengpässen ebenfalls ausschlaggebend für den deutlichen Anstieg der Transportkosten.

Hafenüberlastungen aufgrund des gestörten Warenverkehrs im Jahr 2021 führten in allen großen Häfen in Asien, Europa und den USA 2022 weiterhin zu Verzögerungen bei der Schiffsabfertigung. Lockdowns in Asien in Zusammenhang mit COVID-19 sowie Streiks in den Häfen Europas und in den USA verschärften die bereits angespannte Situation in den Häfen spürbar. Erste Entspannungen auf den transpazifischen Routen waren erst Ende des 3. Quartals 2022 erkennbar. 

Aus diesen Kapazitätsengpässen und zusätzlichen Steigerungen der Bunkerpreise resultierte im 1. Halbjahr 2022 ein Anstieg der Seefrachtkosten um bis zu 300 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Auch der Transport von Gütern auf dem Landweg war von dem Preissteigerungstrend im Jahr 2022 betroffen. Dieselpreise von über 2 Euro pro Liter bzw. 5 Dollar pro Gallone trugen maßgeblich zur Erhöhung der Transportkosten von bis zu 30 % bei.

Zusätzlich zum anhaltenden Mangel an LKW-Fahrern in den USA verschärfte sich durch den Ukraine-Konflikt auch die Transportsituation in Europa. Insbesondere im 1. Halbjahr konnte die benötigte Kapazität in Osteuropa aufgrund des massiven Personalmangels in der Transportbranche nicht in dem Maße zur Verfügung gestellt werden, damit die Lieferketten jederzeit vollumfänglich aufrechterhalten werden konnten.

 

Lieferantenmanagement und -struktur

Die Leistungsfähigkeit der Lieferanten der NORMA Group wird kontinuierlich durch die Einkaufsorganisation überwacht. Ein wesentliches Instrument stellen dabei die jährlichen Lieferantenbewertungen dar. In diesem Zuge werden global einheitliche Kriterien aus den Bereichen Qualität, Logistik, Nachhaltigkeit sowie kommerzielle Aspekte betrachtet. Die entsprechenden Abteilungen sind auf lokaler Ebene in die Bewertungen involviert. Der Bewertungsprozess wird über eine E-Procurement-Software abgebildet. Neben der jährlichen Leistungsbewertung der Lieferanten werden Lieferantenrisiken kontinuierlich durch eine automatisierte Risikomanagement-Software überwacht. Diese hilft der Einkaufsorganisation, die Resilienz in der Lieferkette stets zu überblicken und rechtzeitig erforderliche Maßnahmen einzuleiten.  NACHHALTIGKEIT IM EINKAUF

Im Fokus der Lieferantenauswahl der NORMA Group steht ein Gleichgewicht aus der Konsolidierung von Lieferanten zur Komplexitätsreduktion und der Vermeidung von starken Abhängigkeiten. Dieses Gleichgewicht wird durch den Einkauf fortwährend optimiert. Die aktuelle Lieferantenbasis gestaltet sich wie folgt: Im Geschäftsjahr 2022 entfielen 36,5 % des Einkaufsvolumens auf die Top-10-Lieferanten der NORMA Group. Auf die Top-50-Lieferanten entfielen rund 65,9 % (EUR 275,3 Mio.) des Produktionsmaterialumsatzes in Höhe von EUR 417,8 Mio.

Legende

Diese Inhalte sind Teil des nichtfinanziellen Konzernberichts und unterlagen einer gesonderten Prüfung mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“).